Der Berliner Mietendeckel wirkt – das zeigt sich besonders in der Bilanz des Immobilienkonzerns Deutsche Wohnen: Um 4,1 Prozent auf durchschnittlich 6,70 Euro pro Quadratmeter gingen die Bestandsmieten im Gesamtportfolio im vergangenen Jahr zurück.
In der Hauptstadt war es sogar ein Rückgang von sechs Prozent, wie Deutsche-Wohnen-Chef Michael Zahn am Donnerstag bei der Präsentation der Jahresbilanz sagte. Dem Konzern gehören in Deutschland mehr als 155 400 Wohnungen. Rund drei Viertel davon stehen in Berlin. Wie in vielen Ballungsräumen sind die Mieten dort in den vergangenen Jahren besonders stark gestiegen.
Im Corona-Jahr 2020 hat sich der Anstieg der Bestandsmieten in Deutschland zwar leicht um 0,1 Prozentpunkte abgeschwächt. Die so genannten ortsüblichen Vergleichsmieten seien 2020 im Durchschnitt aber dennoch um 1,7 Prozent gestiegen, wie nach Angaben des Hamburger Immobilienspezialisten F+B eine Auswertung der örtlichen Mietspiegel zeigt. Die teuerste Großstadt für Mieter ist demnach Stuttgart. Dort müssten mit bestehenden Mietverträgen durchschnittlich 10,38 Euro pro Quadratmeter Nettokaltmiete gezahlt werden.
Immobilienkonzerne wie Deutsche Wohnen stehen deshalb unter Rechtfertigungsdruck – und müssen sich auf weitere Maßnahmen seitens der Politik einstellen. Neben der Mietpreisbremse, die bundesweit gilt, führte der Berliner Senat im vergangenen Jahr das sogenannte Mietendeckel-Gesetz ein. Seit dem 23. Februar 2020 sind damit die Mieten für rund 1,5 Millionen Wohnungen in Berlin auf dem Stand von Juni 2019 eingefroren. Von 2022 bis 2025 dürfen sie höchstens um 1,3 Prozent jährlich steigen. Die Initiative «Deutsche Wohnen enteignen» sammelt in Berlin zudem Unterschriften für ein Volksbegehren mit eben diesem Ziel – und bekommt Unterstützung von Parteien wie den Grünen.
Selbst Deutsche-Wohnen-Chef Zahn betonte am Donnerstag, dass die Balance zwischen Angebot und Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt aus den Fugen geraten sei, «weil wir uns nicht dem Wohnungsbau stellen, den wir brauchen». Den Ausgang der Enteignungsinitiative habe der Konzern aber nicht in der Hand. «Die Initiative ist für uns einfach Ansporn, besser zu werden, Dinge besser zu machen», sagte Zahn. «Soziale Verantwortung ist der Pfad, auf dem wir uns weiter bewegen werden.»
Mehrere Versprechen hat die Deutsche Wohnen in der Vergangenheit gemacht: Die Mieten etwa sollen so gestaltet werden, dass sie ein Drittel des jeweiligen Einkommens nicht übersteigen. Außerdem komme rund ein Drittel der neuvermieteten Wohnungen in Berlin Menschen mit einem Wohnberechtigungsschein zugute. Für diejenigen, die in der Corona-Krise in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind, hat die Deutsche Wohnen einen Fonds in Höhe von 30 Millionen Euro aufgelegt. Rund 1000 Mietern habe auf diese Weise bereits geholfen werden können. Es sei noch ausreichend Geld vorhanden.
Zudem will die Deutsche Wohnen zunehmend in den Neubau investieren. Dafür bündelt der Konzern diese Aktivitäten nun auf der Immobilien-Plattform Quarterback, an der die Deutsche Wohnen mit rund 40 Prozent beteiligt ist. Zwar seien die Baupreise deutlich gestiegen. Doch auch die Immobilienpreise seien hoch, und es sei deutlich teurer, energetische Sanierungen in Bestandsbauten vorzunehmen, als diese beim Neubau von Anfang an zu berücksichtigen. Mit dem Mietendeckel habe die Konzentration auf den Neubau indes nichts zu tun, betonte Zahn. Dies sei eine reine Kostenabwägung.
Investieren will der Konzern zudem in die Nachhaltigkeit der Gebäude. «Hier wollen wir verstärkt in das Thema Photovoltaik sowie in das Thema Blockheizkraftwerke reingehen», sagte Finanzchef Philip Grosse. «Wir produzieren die Wärme vor Ort, was deutlich effizienter darstellbar ist und die ganzen Transportverluste verringert.» Hinzu kämen Investitionen in energetische Dämmungen sowie neue Heizungstechnik in den Gebäuden selbst. Bis 2040 will Deutsche Wohnen dafür insgesamt rund zwei Milliarden Euro investieren.
Ob solche Versprechen und Maßnahmen Politik und Kritiker überzeugen, bleibt abzuwarten. Die Deutsche Wohnen setzt beim Mietendeckel ihre Hoffnungen vor allem in das Bundesverfassungsgericht: Es wird erwartet, dass dort im zweiten Quartal über die Verfassungsmäßigkeit des Instruments entschieden wird.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) macht sich weiter für einen bundesweiten sechsjährigen Mietenstopp stark. «Geringverdiener, Alleinerziehende und viele Beschäftigte in Kurzarbeit können keine Mieterhöhungen mehr stemmen», sagte DGB-Vorstand
Stefan Körzell: «Die Deutsche Wohnen kann einen Mietenstopp allemal verkraften.» Denn trotz Mietendeckels in Berlin und Corona-Pandemie verzeichne der Konzern kaum Gewinneinbußen.
In der Tat blickt der Konzern auf ein stabiles Jahr 2020 zurück. Der für den Konzern maßgebliche operative Gewinn (Funds from Operations 1, kurz FFO1) ging leicht um 1,6 Prozent auf gut 544 Millionen Euro zurück. Unterm Strich betrug das Ergebnis rund 1,54 Milliarden Euro. Das waren 3,5 Prozent weniger als im Vorjahr. Für das laufende Jahr erwartet der Konkurrent von Vonovia, LEG Immobilien und TAG Immobilien einen operativen Gewinn etwa auf dem Niveau von 2020.
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